HANS JONAS
„Haltet daran fest, dass
wie man denkt, was man denkt, was man sagt und wie man in der wechselseitigen Kommunikation Ideen verbreitet, einen Unterschied ausmacht im Gang der Dinge“
Hans Jonas. Rede Ehrenpromotion an der Freien Universität Berlin. 1992
Das Prinzip Leben
Jonas schreibt einleitend: „Die großen Widersprüche, die der Mensch in sich selbst entdeckt – Freiheit und Notwendigkeit, Autonomie und Abhängigkeit, Ich und Welt, Beziehung und Vereinzelung, Schöpfertum und Sterblichkeit – haben ihre keimhaften Vorbildungen schon in den primitivsten Formen des Lebens, deren jede die gefährliche Waage zwischen Sein und Nichtsein hält und immer schon einen inneren Horizont von Transzendenz in sich birgt.“ (PL S.9).
Für Jonas sind erste Vorläufer von Geistigem schon in den phylo- und ontogenetisch einfachsten Lebensformen sichtbar. So etwa in den Lebensvorgängen von Einzellern wie Pantoffeltierchen, die mit ihrer Umgebung in einer Art und Weise (Selbstbewegung, Nahrungsaufnahme, Fortpflanzung durch Teilung) interagieren, die gegenüber den rein anorganischen Reaktionen etwas völlig Neues darstellt. Andererseits seien auch die elaboriertesten geistigen Leistungen immer noch an das Organische (besonders ans Nervensystem) gebunden: „…dass das Organische schon in seinen niedersten Gebilden das Geistige vorbildet und dass der Geist noch in seiner höchsten Reichweite Teil des Organischen bleibt“ (PL S. 15).
„Das Phänomen des Lebens selber verneint die Grenzen,
die gewohnheitsmäßig unsere Disziplinen und Arbeitsfelder trennen.“
Hans Jonas. Das Prinzip Leben. 1973
„Der Mensch ist das einzige uns bekannte Wesen, das Verantwortung haben kann.
Indem er sie haben kann,
hat er sie.“
Hans Jonas. Prinzip Verantwortung. Zur Grundlegung einer Zukunftsethik. Vortrag 1986
Technik, Medizin und Ethik
Dieses Buch trägt den Untertitel „Praxis des Prinzips Verantwortung“. Beginnend mit der Rolle der Wissenschaft, stellt Jonas die Frage, ob diese überhaupt „wertfrei“ möglich ist, ob die Unterscheidung zwischen Grundlagenforschung („wertfrei“) und angewandter Forschung (evtl. ethisch problematisch) etwa im Bereich der Gentechnik überhaupt noch aufrecht erhalten werden kann, da hier Forschung immer sogleich Anwendung (zumindest für Laborzwecke) bedeutet. Jonas spricht sich ausdrücklich für die Freiheit der Forschung aus, betont aber gleichzeitig die Verantwortung der Wissenschaftler, da diese zuallererst die mögliche Folgen ihrer Arbeit abschätzen könnten, zudem fordert er entsprechende gesellschaftliche und politische Organe: „Verantwortung reicht so ins Herz der Forschung hinein. Die für die technologischen Früchte muss sie der Sache nach mit Instanzen jenseits der Forschung teilen, (…). Die Verantwortung für wissenschaftsinternes Verfahren aber ruht in erster Linie auf den Schultern der Forscher (…)“ (TME S.107).
Matthias Wiehle
Literatur und Links
https://www.hans-jonas-zentrum.de/
Jonas H. Das Prinzip Leben. Suhrkamp, Berlin 2011
Jonas H. Das Prinzip Verantwortung. Suhrkamp, Frankfurt 1984
Jonas H. Technik, Medizin und Ethik. Suhrkamp, Frankfurt 1987
Verwer K. Freiheit und Verantwortung bei Hans Jonas. Universität Berlin, 2011 http://creativechoice.org/doc/HansJonas.pdf